(23.Dez.15) Weihnachtsgrüße

Schön verpackte Weihnachtsgeschenke kann Ihnen das Bürgerforum Gladbeck nicht machen. Mit diesem Schreiben  können wir Ihnen aber wenigstens ein paar erfreuliche Botschaften ins Haus schicken. Wir möchten Ihnen über die Feiertage ein Stück Zuversicht dafür auf den Weg geben, dass der Schutz der Lebensqualität in Gladbeck bei uns in guten Händen ist und nicht durch eine neue Autobahn mitten durch die Stadt beschädigt wird.

Der Herbst 2015 war bestimmt durch eine für mich nicht begreifliche Inszenierung unserer Politiker. Am 06.11.2015 kamen sie mit leeren Händen von einem Treffen in Berlin zurück. Entgegen der Faktenlage behaupteten sie aber anschließend, sie hätten in Sachen A52 einen Durchbruch zum Schutz der Stadt erreicht. Am 26.11. begrüßten sie im Rat der Stadt die „neue“ Autobahnplanung, die in Wahrheit nach wie vor exakt den Entwürfen entspricht, welche die Gladbecker im Ratsbürgerentscheid abgelehnt haben. Sie präsentierten einen „ausverhandelten“ Vereinbarungsentwurf, mit dem sich die Stadt anders als in den vergangenen Jahren widerspruchslos den Vorstellungen des Bundes beugen und sich bereit erklären soll, dafür mit einem nach oben offenen Betrag aus dem defizitären Stadthaushalt auch noch die Zeche zu zahlen.

Ich kann das alles nicht verstehen. Offenbar haben es unsere Politiker einfach satt, sich weiterhin verantwortungsbewusst und kreativ mit den komplexen Mobilitätsdefiziten der Region auseinanderzusetzen. Sie möchten dem Bund und der Transportwirtschaft  deshalb ohne Not und ohne stichhaltige Erklärungen die Entwicklung unserer Stadt überlassen. Seriöse Kommunalpolitik im Interesse der Gladbecker Bürger und Wähler sieht anders aus.

Welche Interessen unsere Gladbecker Politiker in Wahrheit bedienen, zeigt sich beispielhaft an den „Hurra“-Rufen der Münsteraner IHK, veröffentlicht im „Wirtschaftsspiegel“ 12, 2015. Ich will diese platte Schönrednerei nicht kommentieren. Rückwärtsgewandte Verkehrsvorstellungen von Straßenfetischisten taugen jedenfalls, anders als es die Verfasser meinen, nicht für die zukünftige Gestaltung von Verkehren und erst recht nicht für die Erhaltung unserer Stadt und ihrer Umwelt. 

Wir haben uns während der „Kampagne“ unserer Gewählten für die Autobahn sehr bewusst zurückgehalten. Jetzt ist aber Schluss mit der Ruhe, sie war eine Ruhe vor dem Sturm.

  • Wir haben gestern zusammen mit starken Partnern ein Bürgerbegehren gegen den Ratsbeschluss auf den Weg gebracht, siehe dazu die Pressemitteilung und das Schreiben an die Stadtverwaltung Anlage 2. Wir meinen, dass die Gladbecker ihren Politkern, wie schon 2012, leider noch einmal sagen müssen, dass sie ihre Stadt, ihre Gesundheit und ihre Umwelt schützen wollen und nicht zulassen, dass Gladbeck zum Randstreifen einer unnützen Autobahn verkommt.
  • Das Bürgerbegehren bewirkt, dass ab sofort die Beschlüsse des Rates (Begrüßung der Autobahn, Ermächtigung des Bürgermeisters zum Abschluss eines Vertrages mit Bund und Land) ungültig sind. Das unsägliche Vorhaben unserer Politiker ist damit erst einmal gestoppt.
  • In die gleiche Richtung geht die gut begründete, von Rechtsanwalt Kalb aus Gladbeck formulierte Klage der Ratsfraktion „die Linke“, die auf Feststellung der Unwirksamkeit der Ratsbeschlüsse vom 26.11. abzielt. Wer erlebt hat, wie der Bürgermeister das Rathaus mit Eintrittskarten und einem robust auftretenden, privaten Wachdienst nach Art einer Hochsicherheitszone gegen kritische Zuschauer abgeschottet hat, kann das Anliegen sicherlich gut nachvollziehen. Eine Politik, die Angst hat vor den Bürgern, die sie eigentlich vertreten soll, darf im demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben. Siehe dazu die Klageschrift Anlage 3.
  • Wir werden in den nächsten Tagen mit Briefen an die zuständigen Minister in Bund und Land die durch das Bürgerbegehren geschaffene Situation mitteilen. Denn das Land hat die Anmeldung der A52 zum vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans von der Zustimmung der Gladbecker abhängig gemacht. Diese Zustimmung gibt es nicht mehr. Der Bund möchte angeblich Verhandlungen mit der Stadt führen und Vereinbarungen abschließen. Mit dem Bürgerbegehren haben wir dem Bürgermeister die dazu vom Rat voreilig erteilte Vollmacht entzogen.
  • Dass die A52 nicht „alternativlos“ ist, zeigen wir mit einer Klage auf verkehrslenkende Maßnahmen auf der B224, die wir durch Lärmmessungen und sog. vorprozessuale Korrespondenz mit den Beklagten (Kreis und Bezirksregierung) gut vorbereitet haben. Unser Ziel: Tempo 50 auf der gesamten Ortsdurchfahrt, Nachtfahrverbot für LKWs, Starenkästen für Tempo- und Rotlichtkontrolle, Umprogrammieren der Software von Navigationssystemen.
    Wir sind zurzeit dabei, Geld für die Durchführung des Prozesses zu sammeln und die Position der einzelnen Kläger (Bürger, Verbände) zu klären. Voraussichtlich noch im Januar 2016 kann die Klage eingereicht werden.
    Unsere Schallmessungen haben übrigens katastrophale Ergebnisse zu Tage gefördert. Insbesondere in den Nachtstunden sind die Anwohner der B224 durchgehend einem enorm gesundheitsschädlichen Lärm ausgesetzt, der weit über den gesetzlich zulässigen Grenzwerten liegt. Siehe dazu den ausführlichen, in Details etwas unscharfen Bericht in der WAZ vom 22.12., Anlage 4.
  • Eigentlich wollte der Bund den Bundesverkehrswegeplan 2015 im vergangenen Oktober vorlegen. Er musste das Vorhaben bis mindestens Sommer 2016 vertagen, weil wegen des enormen Erhaltungsaufwandes für Bahn- und Straßenbrücken kaum mehr Spielraum für Neubaumaßnahmen vorhanden ist. Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis gegen die Autobahn (siehe Anlage 1) werden wir eine fundierte Stellungnahme erarbeiten und abgeben, sobald die Planentwürfe vorliegen. Wir werden auch mit politischen Maßnahmen alles daran setzen, die A52 auf Gladbecker Gebiet aus dem Planung des Bundes insgesamt, zumindest aber aus dem „vordringlichen Bedarf“ herauszuhalten.
  • Die Planfeststellungsverfahren, die ja – im Gegensatz zu lautstarken Politiker-Erklärungen – die rechtlich notwendige Grundlage für den Autobahnbau sind, stecken weiterhin fest bzw. sind für den Nordabschnitt der A52 noch nicht eingeleitet. Die Behörden sind offenbar nicht in der Lage, vernünftige Antworten auf die vielen tausend, gut begründeten Einwendungen zu finden. Die planerischen Grundlagen der Verfahren werden mit zunehmendem Zeitablauf immer untauglicher. Insbesondere die vorgelegten Umweltverträglichkeitsprüfungen sind gemessen an heutigen Standards eklatant falsch. Wir werden uns dann, wenn es darauf ankommt, weiterhin mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen.
  • In einem Interview mit dem Stadtspiegel, das gestern, also am 23.12., veröffentlicht worden ist, habe ich versucht, unsere Position und unsere Strategie zur Verhinderung der A52 und zum Erreichen einer vernünftigen, nachhaltigen Mobilität für die Region darzustellen. Ich füge die von mir freigegeben Version des Interviews zu Ihrer Kenntnis bei, siehe Anlage 5.

Ich wünsche Ihnen, auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen, die sich im Vorstand des Bürgerforums engagieren, eine geruhsame Weihnacht und einen guten Start ins neue Jahr. Halten Sie uns bitte die Treue, werben Sie neue Mitglieder, stützen Sie unsere gemeinsame Arbeit mit Ihrem Engagement und Ihren Zahlungen. Wir brauchen Stärke, um uns gegen eine massiv vertretene, rückwärts gerichtete Autopolitik wirkungsvoll zur Wehr setzen zu können, und Gladbeck zu schützen und um eine nachhaltige Mobilität für Region und Fernverkehr zu erkämpfen.

Beste Grüße

Bürgerforum Gladbeck e.V.

Matthias Raith, Vorsitzender

 

Weitere Pressestimmen:

Bürgermeister Roland verkauft den Ausbaus der B224 zur A52 als Errungenschaft in seinem Weihnachtsgruß im Stadtspiegel !?
In derselben Ausgabe ist ein ganzseitiges Interview zum Thema Ratsbeschluss und Bürgerbegehren mit unserem Vorsitzenden abgedruckt.

Unsere Reakion zu dem Ratsbeschluss am 26.11.15 finden Sie in unserer Pressemitteilung zum Bürgerbegehren.