(30.März 19) Positionspapier zur Durchsetzung der Gladbecker Haldenwelt

Die Nutzung der Braucker Haldenlandschaft als öffentlicher Park für Freizeit und Erholung aller Menschen aus Stadt und Region und als Attraktion für den zunehmenden Tourismus im Ruhrgebiet ist eine Jahrhundertchance für Gladbeck. Die Planung wurde vom Rat der Stadt in einem bestandskräftigen Bebauungsplan beschlossen. Die Landesregierung und der Regionalverband Ruhr (RVR) haben bereits signalisiert, dass sie das Vorhaben im Zuge der für 2027 anstehende Internationale Gartenschau (IGA) als „Haldenwelt 2027“ integrieren möchten. So –und nur so– kann die über 120 Hektar große „Haldenwelt“ realisiert, finanziert und in die pflegerische Obhut des RVR übernommen werden.

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Die einmalige Chance, die die Braucker Landmarke für Gladbeck und die umliegende Region bietet, ist durch eine von der Mingas GmbH aus Essen geplante Windkraftanlage konkret gefährdet. Die Mingas GmbH ist eine Joint-Venture-Gesellschaft der STEAG und der RWE (60 / 40%). Dass der Recklinghäuser Landrat gegen den Willen und die Planungen der Stadt Gla-dbeck und trotz ausdrücklicher Vorbehalte des RVR eine sofort vollziehbare Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage erteilt hat, ist für Gladbeck, die Anwohner und die Menschen der Region ein Schlag ins Gesicht. Denn der Landrat tut so, als sei nicht die Stadt Gladbeck im Interesse ihrer Bürger für die Beplanung ihrer Halden zuständig, sondern die Firma Mingas, weil sie vermutete Chancen ihrer Gesellschafter zum Geldverdienen realisieren möchte.

Gewiss in guter Absicht hat die Stadt Gladbeck gegen die Genehmigung Klage erhoben. Die Klage könnte sich aber als stumpfes Schwert erweisen. Sie kann unter Umständen die Verhinderung des Windrades erreichen, nicht aber die Realisierung der Haldenwelt.

Denn aufgrund der Belastungssituation der Verwaltungsgerichte kann ein rechtskräftiger Abschluss des Klageverfahrens selbst bei optimistischer Betrachtung durchaus 6-8 Jahre in Anspruch nehmen. Das Zeitfenster zur konkreten Realisierung der Haldenwelt ist indessen nur begrenzte Zeit offen. Die Entscheidungen für die IGA fallen jetzt. Niemand kann erwarten, dass der RVR und die Organisatoren bzw. Träger der IGA ihre Kräfte und Mittel für die öffentliche Nutzung der Gladbecker Halden einsetzen, obwohl und solange wegen des gerade erst begonnenen Rechtsstreits zu befürchten ist, dass das Windrad gebaut wird und den Zugang zum Haldenplateau für die Öffentlichkeit versperrt.

Die vom Bürgerforum organisierten und finanzierten Eilanträge betroffener Bürger sind, weitergehend als die Klage der Stadt, auf schnellstmögliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gerichtet. Im kurzfristig erreichbaren Erfolgsfall dürften die Mingas und ihre Gesellschafter erst nach Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils, also nach jahrelangem, ungewissem Warten, die aus ihrem Gladbecker Vorhaben zu erwartende Strommenge am Markt anbieten und mit dem Bau beginnen.

Diese Situation könnte eigentlich zuversichtlich stimmen. Denn eine jahrelange Ungewissheit könnte dazu führen, dass die Mingas und ihre Gesellschafter freiwillig von ihrem Investitionsvorhaben Abstand nehmen und damit den Weg für die Realisierung der Haldenwelt freigeben, weil der Anlagenbetrieb und seine Rendite jahrelang nicht kalkulierbar wären.

Eine Antragsrücknahme durch die Steag-Tochter ist allerdings nur eine Hoffnung, auf die niemand einfach so bauen sollte. Denn die Mingas könnte weiterhin mit Rückendeckung ih-rer Gesellschafter trotzig versuchen, ihre durch die Recklinghäuser Genehmigung geschaffene Position in einem jahrelangen Rechtsstreit durchzusetzen. Dann wäre die einmalige Perspektive, die die IGA bietet, und damit die Realisierung der „Haldenwelt“ ein für alle Male dahin. Gleichgültig, wie und wann die jetzt begonnenen Klageverfahren ausgehen.

Diese Sachlage zeigt, dass parallel zu den Klagen ab sofort politische Maßnahmen notwendig sind. Vielerlei vernünftig zu bündelnde Aktionen müssen darauf abzielen, dass die Investoren freiwillig und schon bald auf die Errichtung einer Windkraftanlage auf der Mottbruchhalde verzichten. Nur dann kann die „Haldenwelt“ effektiv vorangebracht werden, weil dann das Risiko der Sperrung der Haldenspitze für die Öffentlichkeit nicht mehr besteht.

Im Zentrum der politischen Argumentation muss dabei verdeutlicht werden, dass der Schaden, den das Windrad an diesem Standort für die Region verursacht, ihren energiepolitischen Nutzen weit überwiegt. Es muss herausgestellt werden, dass die Mingas eine Tochter der Steag ist und dass die Steag zu 100 % mehreren Ruhrgebietsstädten gehört. Deren Vorgehen ist, auch wenn sie im Gewande von Aktionären daherkommen, ein unfreundlicher Akt gegenüber ihrer Nachbarstadt. Ihr Versuch zum Aushebeln der Gladbecker Autonomie ist politisch nicht anständig.

Die Art und Weise, wie hier vorgegangen wird, widerspricht allen Grundregeln für den vernünftigen Umgang zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften, die gemeinsam die „Metropole Ruhr“ bilden. Das Beharren auf Bau und Betrieb eines Windrades auf der Mottbruchhalde ist angesichts der sehr konkreten Planung der Stadt Gladbeck für die „Haldenwelt“ und der Belastung vieler Menschen unerträglich und politisch nicht haltbar.

Angesichts dieses Affronts ist Gladbeck dazu aufgefordert, sich mit all seinen Kräften und allen verfügbaren, rechtens einsetzbaren Mitteln der Politik und der Öffentlichkeitsarbeit für die „Haldenwelt“ einzusetzen. Wir gehen dabei von einem breiten Konsens von Anwohnern, der Bevölkerung insgesamt, der Politik, in Verbänden und in der lokalen Wirtschaft aus. Wir setzen auf die Erkenntnis, dass die Haldenwelt allein mit der Klage der Stadt nicht zu retten ist.

Das Bürgerforum Gladbeck wird sich –gemeinsam mit allen, die das gleiche Ziel verfolgen– mit seinen Möglichkeiten und Kräften für die Haldenwelt einsetzen und deshalb dafür Sorge tragen, dass die Windrad-Ambitionen des Landrates und der Steag schnellstmöglich von der politischen Tagesordnung abgesetzt werden!

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